07.10.2022

Impfpassfälschung als Kündigungsgrund

Fristlose Kündigung und Annahmeverzug

©guerrieroale/fotolia.com

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat in zwei Verfahren zum Ausdruck gebracht, dass eine Impfpassfälschung grundsätzlich einen Kündigungsgrund darstellt.

Der Kläger war seit 1990 bei der Beklagten tätig. Mit Inkrafttreten des § 28b Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) galt dort die 3G-Regelung. Es durften nur Personen den Arbeitsplatz betreten, die geimpft, getestet oder genesen waren. Die Beklagte bat um Vorlage eines entsprechenden Belegs. Der Kläger legte ein digitales EU-Impfzertifikat vor, welches einen vollständigen Impfschutz auswies. Der Impfpass wies zwei Impfungen auf, welche in der Praxis einer Berliner Ärztin durchgeführt worden sein sollen. Gegen die Berliner Ärztin liefen diverse Strafverfahren wegen des Verdachts auf illegalem Handel mit gefälschten Impfausweisen. Der Kläger wurde am 03.01.2022 durch die Beklagte im Beisein des Betriebsrats mit dem Vorwurf der Vorlage einer Impfpassfälschung konfrontiert. Mit Schreiben vom 07.01.2022 erfolgte nach Anhörung des Betriebsrats die fristlose, hilfsweise die fristgerechte Kündigung.

Impfpassfälschung rechtfertigt außerordentliche Kündigung

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die Vorlage eines gefälschten Impfpasses stelle zwar einen wichtigen Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses dar. Auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme kam das Gericht jedoch zu dem Ergebnis, dass die Beklagte nicht nachweisen konnte, dass der Kläger einen gefälschten Impfpass vorgelegt hatte. Die Voraussetzungen für eine Verdachtskündigung seien ebenfalls nicht gegeben, da hierzu der Betriebsrat nicht angehört worden war. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass eine Impfpassfälschung die außerordentliche Kündigung rechtfertigen würde. Zur streitigen Frage des tatsächlichen Vorliegens einer Fälschung ist eine Beweisaufnahme erforderlich (Beweisbeschluss vom 04.10.2022 – 8 Sa 326/22). Die Verhandlung wird fortgesetzt.

Weiteres Verfahren mit gefälschtem Impfausweis

In einem weiteren Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 04.10.2022 – 3 Sa 374/22) haben die Richter in der mündlichen Verhandlung ebenfalls zum Ausdruck gebracht, dass eine Impfpassfälschung grundsätzlich einen Kündigungsgrund darstellt. Die außerordentliche Kündigung scheiterte hier an der Interessenabwägung aufgrund der 19-jährigen Betriebszugehörigkeit des Klägers, der Tatsache, dass die Fälschung auf Vorhalt sofort zugestanden wurde und dem Umstand, dass auch die Arbeitgeberin sich einen Verstoß gegen § 28b IFSG vorhalten lassen musste. Die ordentliche Kündigung scheiterte an einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung und damit aus formalen Gründen.


LAG Düsseldorf vom 04.10.2022 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

Weitere Meldungen


Arbeitsrecht, Meldung

©liudmilachernetska/123rf.com

03.05.2024

Warum weniger Arbeit den Wohlstand bedroht

Viele Menschen wollen beruflich kürzertreten. Diese Entwicklung gefährdet jedoch den Wohlstand. Deutschland kann es sich laut IW Köln nicht leisten, Arbeitszeiten zu verkürzen.

weiterlesen
Warum weniger Arbeit den Wohlstand bedroht

Meldung

©GinaSanders/fotolia.com

29.04.2024

Eine Arbeitsstunde kostet im Schnitt 41,30 Euro

Die Arbeitskosten je geleisteter Stunde fallen in der Europäischen Union sehr unterschiedlich aus. In Deutschland lag die Arbeitsstunde im Jahr 2023 bei 41,30 Euro.

weiterlesen
Eine Arbeitsstunde kostet im Schnitt 41,30 Euro

Meldung

nito500/123rf.com

26.04.2024

Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem EU-Binnenmarkt

Künftig müssen Hersteller von Waren, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden, ihre Produkte vom EU-Binnenmarkt nehmen und sie spenden, recyceln oder zerstören.

weiterlesen
Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem EU-Binnenmarkt

Meldung

©Coloures-Pic/fotolia.com

25.04.2024

Betriebsratswahl: Weniger Kandidaten als Betriebsratssitze

Es steht der Wahl eines Betriebsrats nicht entgegen, wenn sich nicht genügend Bewerber für das Betriebsratsamt finden, so das BAG.

weiterlesen
Betriebsratswahl: Weniger Kandidaten als Betriebsratssitze

Das könnte Sie ebenfalls interessieren:


Haben wir Ihr Interesse für die ZAU geweckt?

Testen Sie kostenlos zwei Ausgaben inkl. Datenbankzugang!