11.04.2023

EuGH zur Vergütung von Leiharbeitnehmern

Fristlose Kündigung und Annahmeverzug

©gguy/fotolia.com

Ein Tarifvertrag, der für Leiharbeitnehmer ein geringeres Arbeitsentgelt als das der unmittelbar eingestellten Arbeitnehmer festlegt, muss Ausgleichsvorteile vorsehen. Ein solcher Tarifvertrag muss einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle unterliegen können. Dies hat der EuGH klargestellt.

Zeitarbeitnehmer müssen grundsätzlich das gleiche Geld verdienen wie das Stammpersonal des Entleihers. Bislang war jedoch ein niedrigerer Lohn erlaubt, wenn ein abweichender Tarifvertrag dies zulässt. Doch dieses Vorgehen kann dem Europarecht widersprechen, so der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 15.12.2022 (C-311/21), wenn in den maßgeblichen Tarifverträgen nicht sogenannte Ausgleichsvorteile vorgesehen sind, die als Kompensation für das geringe Entgelt von dem Verleiher geleistet werden, um den „Gesamtschutz“ der Zeitarbeitnehmer zu gewährleisten. Derartige Ausgleichsvorteile müssen geeignet sein, die Ungleichbehandlung der Zeitarbeitnehmer auszugleichen. Die Entscheidung hat Auswirkungen auf eine gesamte Branche.

Gleiche Bezahlung von Leiharbeitnehmern durch „Ausgleichsvorteile“

„Der EuGH verlangt Ausgleichsvorteile in Tarifverträgen, wenn durch diese vom Gleichstellungsgrundsatz, insbesondere hinsichtlich des Entgelts, abgewichen wird und der Zeitarbeitnehmer – im Vergleich zu einem Stammarbeitnehmern – eine geringere Vergütung erhält. Derartige Ausgleichsvorteile sehen die in der Praxis verbreiteten Tarifverträge, die für Zeitarbeitnehmer Anwendung finden, nicht – zumindest nicht ausdrücklich – vor“, erklärt Dr. Alexander Bissels, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland. „In diesem Zusammenhang dürfte es aber ausreichend sein, dass dem überlassenen Zeitarbeitnehmer, der ein geringeres Entgelt als der Stammbeschäftigte im Entleihbetrieb erhält, an anderer Stelle im Tarifvertrag höhere Leistungen zugesagt werden, zum Beispiel mehr Tage Urlaub.“

Auswirkungen des Urteils auf die Zeitarbeitsbranche

„Es hätte schlimmer kommen können, da durch das Urteil des EuGH der befürchtete ‚Flächenbrand‘ wohl ausbleiben dürfte, der zur Folge gehabt hätte, dass Verleiher uneingeschränkt Nachzahlungen gegenüber Zeitarbeitnehmern und gegenüber auch der Deutschen Rentenversicherung ausgesetzt werden“, glaubt Bissels. „Es ist vielmehr im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob entsprechende Ansprüche auf eine Nachzahlung und darauf abzuführende Sozialversicherungsbeiträge tatsächlich bestehen. Liegt im konkreten Fall aber eine Entgeltdifferenz vor, was der Zeitarbeitnehmer zu beweisen hätte, ist nicht auszuschließen, dass dieser den Verleiher auf eine Nachzahlung in Anspruch nehmen wird. Dies wird im Zweifel dann aber gerichtlich geklärt werden müssen.“


EuGH vom 15.12.2022 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

Weitere Meldungen


Meldung

©Stockfotos-MG/fotolia.com

08.05.2024

Fachkräfte-Nachfrage ungebremst – Starke Zuwächse bei Finanzfachkräften, IT-Experten und Juristen

Mit einem Zuwachs von 43 Prozentpunkten verzeichnet der Hays-Fachkräfte-Index im ersten Quartal deutlich mehr Stellengesuche als in Q4 2023.

weiterlesen
Fachkräfte-Nachfrage ungebremst – Starke Zuwächse bei Finanzfachkräften, IT-Experten und Juristen

Meldung

©travnikovstudio/fotolia.com

06.05.2024

Workation-Angebot ist Pflicht für Arbeitgeber

Workation entwickelt sich vom Hype zu einem etablierten Angebot, gerade bei den Jüngeren: 80 % der 18- bis 29-Jährigen sind Workation-affin.

weiterlesen
Workation-Angebot ist Pflicht für Arbeitgeber

Meldung

©liudmilachernetska/123rf.com

03.05.2024

Warum weniger Arbeit den Wohlstand bedroht

Viele Menschen wollen beruflich kürzertreten. Diese Entwicklung gefährdet jedoch den Wohlstand. Deutschland kann es sich laut IW Köln nicht leisten, Arbeitszeiten zu verkürzen.

weiterlesen
Warum weniger Arbeit den Wohlstand bedroht

Meldung

©GinaSanders/fotolia.com

29.04.2024

Eine Arbeitsstunde kostet im Schnitt 41,30 Euro

Die Arbeitskosten je geleisteter Stunde fallen in der Europäischen Union sehr unterschiedlich aus. In Deutschland lag die Arbeitsstunde im Jahr 2023 bei 41,30 Euro.

weiterlesen
Eine Arbeitsstunde kostet im Schnitt 41,30 Euro

Das könnte Sie ebenfalls interessieren:


Haben wir Ihr Interesse für die ZAU geweckt?

Testen Sie kostenlos zwei Ausgaben inkl. Datenbankzugang!