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01.12.2023

EuGH zum Tragen religiöser Zeichen am Arbeitsplatz

Fristlose Kündigung und Annahmeverzug

©alimyakubov/fotolia.com

Der EuGH hat klargestellt, dass eine öffentliche Verwaltung entscheiden kann, allen ihren Beschäftigten das Tragen religiöser Zeichen zu verbieten. Die nationalen Gerichte überprüfen dann, ob die getroffenen Maßnahmen die Religionsfreiheit mit den diesem Verbot zugrunde liegenden rechtmäßigen Zielen in Einklang bringen.

Eine öffentliche Verwaltung kann das sichtbare Tragen von Zeichen, die weltanschauliche oder religiöse Überzeugungen erkennen lassen, verbieten, um ein vollständig neutrales Verwaltungsumfeld zu schaffen. Eine solche Regel ist nicht diskriminierend, wenn sie allgemein und unterschiedslos auf das gesamte Personal dieser Verwaltung angewandt wird und sich auf das absolut Notwendige beschränkt. Dies hat der EuGH mit Urteil vom 28.11.2023 (C-148/22) klargestellt.

Der Streitfall

Einer Bediensteten der Gemeinde Ans (Belgien), die als Büroleiterin ganz überwiegend ohne Publikumskontakt tätig ist, wurde es untersagt, am Arbeitsplatz das islamische Kopftuch zu tragen. Anschließend änderte die Gemeinde ihre Arbeitsordnung und schrieb in der Folge ihren Arbeitnehmern eine strikte Neutralität vor: Jede Form von Proselytismus ist untersagt, und das Tragen von auffälligen Zeichen ideologischer oder religiöser Zugehörigkeit ist allen Arbeitnehmern, auch denen, die keinen Publikumskontakt haben, verboten. Die Betroffene möchte feststellen lassen, dass sie in ihrer Religionsfreiheit verletzt wurde und diskriminiert wird.

Wertungsspielraum bei der Ausgestaltung der Neutralität

Dem mit dem Rechtsstreit befassten Arbeitsgericht Lüttich stellte die Frage, ob die von der Gemeinde aufgestellte Regel der strikten Neutralität eine gegen das Unionsrecht verstoßende Diskriminierung begründet.

Der EuGH antwortet, dass die Politik der strikten Neutralität, die eine öffentliche Verwaltung ihren Arbeitnehmern gegenüber durchsetzen will, um bei sich ein vollständig neutrales Verwaltungsumfeld zu schaffen, als durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt angesehen werden kann. Ebenso gerechtfertigt ist die Entscheidung einer anderen öffentlichen Verwaltung für eine Politik, die allgemein und undifferenziert das Tragen von sichtbaren Zeichen u. a. weltanschaulicher oder religiöser Überzeugungen, auch bei Publikumskontakt, gestattet, oder ein Verbot des Tragens solcher Zeichen beschränkt auf Situationen, in denen es zu Publikumskontakt kommt.

Die Mitgliedstaaten und die unterhalb der staatlichen Ebene angesiedelten Einheiten verfügen nämlich über einen Wertungsspielraum bei der Ausgestaltung der Neutralität des öffentlichen Dienstes, die sie in dem für sie spezifischen Kontext am Arbeitsplatz fördern wollen. Dieses Ziel muss aber in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden, und die zu seiner Erreichung getroffenen Maßnahmen müssen sich auf das absolut Notwendige beschränken.

Es ist Sache der nationalen Gerichte, zu prüfen, ob diese Anforderungen erfüllt sind.


EuGH vom 28.11.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

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