Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 30.10.2025 (2 AZR 160/24) klargestellt, dass es für die Länge einer vereinbarten Probezeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis keine festen Maßstäbe gibt. Statt eines pauschalen Richtwerts müsse stets eine sorgfältige Einzelfallabwägung erfolgen.
Streitfall: Kündigung in der Probezeit bei befristetem Vertrag
Die Klägerin war ab dem 22.08.2022 befristet für ein Jahr als Kundenberaterin bei der Beklagten tätig. Die Parteien hatten eine viermonatige Probezeit mit verkürzter Kündigungsfrist vereinbart. Noch während dieser Zeit kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis zum 28.12.2022. Die Klägerin hielt die viermonatige Probezeit für unverhältnismäßig lang. Ihrer Ansicht nach hätte das Arbeitsverhältnis daher erst zum 15.01.2023 mit der regulären Kündigungsfrist enden dürfen. Sie argumentierte zudem, dass eine überlange Probezeit die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) bereits nach drei Monaten erfordere.
Landesarbeitsgericht setzt auf 25-%-Formel
Das Landesarbeitsgericht (LAG) folgte dem Ansatz, die Probezeit dürfe regelmäßig höchstens 25% der Befristungsdauer betragen (in diesem Fall also drei Monate). Zwar erklärte es die Kündigung weiterhin für wirksam, setzte den Beendigungszeitpunkt jedoch auf den 15.01.2023 fest.
Das BAG wies diese Sichtweise zurück. Eine pauschale 25-%-Grenze existiere nicht. Vielmehr müsse unter Berücksichtigung der konkreten Tätigkeit und der voraussichtlichen Einarbeitungszeit abgewogen werden, ob die Probezeit verhältnismäßig sei. Da die Beklagte einen detaillierten Einarbeitungsplan mit drei Phasen über 16 Wochen vorgelegt hatte, hielt das BAG die viermonatige Probezeit für angemessen.
BAG: Keine Vorverlagerung des Kündigungsschutzes
Zudem stellte das BAG klar, dass selbst bei Annahme einer unverhältnismäßig langen Probezeit keine vorzeitige Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes gerechtfertigt wäre. Die gesetzliche Wartezeit von sechs Monaten sei verbindlich und nicht durch die Länge der Probezeit beeinflussbar.
Mit dem Urteil setzt das BAG der Tendenz zur Bildung fester Richtwerte klare Grenzen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen künftig genauer prüfen, ob eine Probezeit im befristeten Vertrag angesichts der Tätigkeit und der Einarbeitungsdauer angemessen ist. Ein Automatismus, wie ihn das LAG noch angenommen hatte, ist damit vom Tisch.

