02.12.2022

BAG zur Versetzung ins Ausland

Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit der Wirksamkeit der Versetzung eines Flugkapitäns an einen Standort im Ausland befasst. Das Urteil ist für alle Branchen relevant, die international tätig sind und ihre Mitarbeitenden weltweit einsetzen.

Fristlose Kündigung und Annahmeverzug

©Ekaterina Pokrovsky/fotolia.com

Der Arbeitgeber kann aufgrund seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechts den Arbeitnehmer anweisen, an einem Arbeitsort des Unternehmens im Ausland zu arbeiten, wenn nicht im Arbeitsvertrag ausdrücklich oder den Umständen nach konkludent etwas anderes vereinbart worden ist. § 106 GewO begrenzt das Weisungsrecht des Arbeitgebers insoweit nicht auf das Territorium der Bundesrepublik Deutschland. Die Ausübung des Weisungsrechts im Einzelfall unterliegt nach dieser Bestimmung allerdings einer Billigkeitskontrolle. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 30.11.2022 (5 AZR 336/21) entschieden.

Zum Sachverhalt

Der bei einer irischen Fluglinie beschäftigte Pilot wurde nach der Stilllegung sämtlicher deutschen Standorte der Fluglinie an eine Flugbasis in Italien versetzt. Dort sollte er zu den dort geltenden Arbeitsbedingungen und Gehältern weiter beschäftigt werden. Neben der Versetzung sprach der Arbeitgeber hilfsweise eine entsprechende Änderungskündigung aus. Der Pilot nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an und klagte danach gegen seine Versetzung und die vom Arbeitgeber vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung (5 AZR 336/21).

Die Vorinstanzen (Arbeitsgericht Nürnberg und Landesarbeitsgericht Nürnberg) haben die Klage abgewiesen. Sein Arbeitgeber ist dementsprechend weiter der Ansicht, dass für Piloten branchen- und berufsspezifische Besonderheiten gelten und die Versetzung nicht zu beanstanden sei.

Auswirkungen für die Praxis

„Auch wenn für die Luftfahrtbranche Besonderheiten gelten, so rückt die Verhandlung vor dem BAG weltweite Versetzungsmöglichkeiten – auch ohne konzernweite Versetzungsklauseln – ins Scheinwerferlicht“, erklärt Sophia-Clara Schulte, Rechtsanwältin bei der Kanzlei Noerr in Düsseldorf.

„Das Verfahren ist daher für alle Branchen wichtig, die international tätig sind und ihre Mitarbeitenden weltweit einsetzen, wie zum Beispiel Unternehmen aus der Automobilbranche oder dem Maschinenbau. Um einen weltweiten Einsatz von Mitarbeitenden zu erleichtern, empfehlen wir unseren Mandanten, sich bei der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen einen entsprechenden Spielraum hinsichtlich des Arbeitsortes vorzubehalten und das arbeitgeberseitige Direktionsrecht nicht einzuschränken. Abgewogen werden müssen dabei jedoch auch Wechselwirkungen mit dem Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen, sodass im Einzelfall oder jedenfalls gruppenbezogen entschieden werden muss.“


BAG vom 30.11.2022 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

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