• Home
  • /
  • Meldungen
  • /
  • Ersatz der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden

06.04.2023

Ersatz der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden

Das Arbeitsgericht Lüneburg hat die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden des Amazon Logistikzentrums Winsen/Luhe ersetzt.

Fristlose Kündigung und Annahmeverzug

©Pixelot/fotolia.com

Die Antragstellerin (Arbeitgeberin) betreibt am Standort Winsen/Luhe ein Logistikzentrum mit ca. 1.900 Beschäftigten. Bei der Antragstellerin ist ein Betriebsrat gebildet. Im Zeitraum vom 08.11.2022 bis einschließlich 10.11.2022 reiste der Betriebsratsvorsitzende gemeinsam mit drei weiteren Betriebsratsmitgliedern zum Deutschen Betriebsrätetag in Bonn. Die Reise- und Hotelkosten trug die Antragstellerin. Die Rückreise erfolgte gegen Mittag des 10.11.2022. In seinem Arbeitszeitnachweis gab der Betriebsratsvorsitzende unter anderem an, er habe am 09.11. von 13:00 Uhr bis 16:00 Uhr sowie von 19:00 Uhr bis 22:00 Uhr Betriebsratsarbeit geleistet.

Verdacht eines Arbeitszeitbetruges

Die Antragstellerin wirft dem Betriebsratsvorsitzenden vor, lediglich am 08.11.2022 an dem Betriebsrätetag teilgenommen zu haben. An den Folgetagen sei er der Veranstaltung vollständig ferngeblieben und ausschließlich privaten Angelegenheiten nachgegangen. Es bestehe aufgrund seiner Angaben im Arbeitszeitnachweis auch der Verdacht eines Arbeitszeitbetruges. Der Betriebsratsvorsitzende hat eingeräumt, den Betriebsrätetag am Vormittag des 09.11. verlassen zu haben, um aus privaten Gründen nach Düsseldorf zu fahren. Er habe während der von ihm angegebenen Zeiten aber anderweitige Betriebsratstätigkeiten ausgeführt.

Die Antragstellerin hat beim Betriebsrat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden beantragt. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zur Kündigung nicht erteilt. Daraufhin hat die Antragstellerin beim Arbeitsgericht Lüneburg die Ersetzung der Zustimmung beantragt.

Arbeitsgericht ersetzt Zustimmung

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag der Arbeitgeberin mit Beschluss vom 05.04.2023 (2 BV 6/22) stattgegeben. Ein wichtiger Grund i.S. § 626 BGB für die beabsichtigte außerordentliche Kündigung liegt vor.

Aufgrund der eigenen Einlassung des Betriebsratsvorsitzenden steht fest, dass dieser den Betriebsrätetag spätestens am Vormittag des 09.11.2022 eigenmächtig verlassen und bis zum Schluss nicht mehr daran teilgenommen hat. Bereits hierin liegt ein schwerwiegender Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Darüber hinaus besteht nach Überzeugung der Kammer zumindest der dringende Verdacht, dass der Betriebsratsvorsitzende in seinem Arbeitszeitnachweis für den 09.11.2022 bewusst falsche Angaben gemacht hat. Die vom Betriebsratsvorsitzenden abgegebene Begründung, anderweitige Betriebsratsarbeit geleistet zu haben, hielt die Kammer nicht für glaubhaft. Sie steht auch im Widerspruch zu Erklärungen, die der Betriebsratsvorsitzende nach der Rückkehr gegenüber anderen mitgereisten Betriebsratsmitgliedern abgegeben hatte.

Das eigenmächtige vorzeitige Verlassen des Betriebsrätetages, um privaten Interessen nachzugehen, in der Zusammenschau mit dem Verdacht einer versuchten Täuschung über stattdessen geleistete Betriebsratstätigkeit ist geeignet, das Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit des Arbeitnehmers tiefgreifend zu erschüttern. Ein solches Verhalten rechtfertigt den Ausspruch der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung.


ArbG Lüneburg vom 05.04.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

Weitere Meldungen


Meldung

©Bartolomiej Pietrzyk/123rf.com

29.10.2025

BAG: Commerzbank musste Betriebsrente nicht voll anpassen

Die wirtschaftliche Stabilität des Arbeitgebers bleibt ein entscheidender Faktor bei der Erhöhung der Betriebsrente, stellte das BAG jetzt klar.

weiterlesen
BAG: Commerzbank musste Betriebsrente nicht voll anpassen

Meldung

©Coloures-Pic/fotolia.com

29.10.2025

Neuer Schwung für Mitbestimmung in Europa

Die EU hat die Richtlinie über Europäische Betriebsräte überarbeitet, um deren Beteiligung bei länderübergreifenden Entscheidungen zu stärken.

weiterlesen
Neuer Schwung für Mitbestimmung in Europa

Meldung

©BachoFoto/fotolia.com

24.10.2025

Entgelttransparenz: BAG kippt Hürde für Klage auf Gleichstellung

Das Bundesarbeitsgericht hat mit seinem neuesten Urteil die Position von Arbeitnehmerinnen im Kampf gegen Entgeltdiskriminierung gestärkt.

weiterlesen
Entgelttransparenz: BAG kippt Hürde für Klage auf Gleichstellung

Meldung

©ChristArt/fotolia.com

24.10.2025

Verfassungsgericht stärkt Religionsfreiheit kirchlicher Arbeitgeber

Mit seinem Urteil stärkt das BVerfG das Recht kirchlicher Arbeitgeber, Bewerber nach religiösen Kriterien auszuwählen, sofern ein Zusammenhang zum Stellenprofil besteht.

weiterlesen
Verfassungsgericht stärkt Religionsfreiheit kirchlicher Arbeitgeber

Das könnte Sie ebenfalls interessieren:


Haben wir Ihr Interesse für die ZAU geweckt?

Testen Sie kostenlos zwei Ausgaben inkl. Datenbankzugang!