20.01.2023

Lohngleichheit bei Teilzeitbeschäftigung

Geringfügig Beschäftigte, die in Bezug auf Umfang und Lage der Arbeitszeit keinen Weisungen des Arbeitgebers unterliegen, jedoch Wünsche anmelden können, dürfen bei gleicher Qualifikation für die identische Tätigkeit keine geringere Stundenvergütung erhalten als vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, die durch den Arbeitgeber verbindlich zur Arbeit eingeteilt werden.

Fristlose Kündigung und Annahmeverzug

©Markus Mainka/fotolia.com

Der Kläger ist als Rettungsassistent im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses bei der Beklagten tätig. Sie beschäftigt sog. hauptamtliche Rettungsassistenten in Voll- und Teilzeit, denen sie eine Stundenvergütung von 17,00 Euro brutto zahlte. Daneben sind sog. nebenamtliche Rettungsassistenten für sie tätig, die eine Stundenvergütung von 12,00 Euro brutto erhalten. Hierzu gehört der Kläger.

Die Beklagte teilt die nebenamtlichen Rettungsassistenten nicht einseitig zu Diensten ein, diese können vielmehr Wunschtermine für Einsätze benennen, denen die Beklagte versucht zu entsprechen. Zudem teilt die Beklagte den nebenamtlichen Rettungsassistenten noch zu besetzende freie Dienstschichten mit und bittet bei Ausfall von hauptamtlichen Rettungsassistenten um Übernahme eines Dienstes. Im Arbeitsvertrag des Klägers ist eine durchschnittliche Arbeitszeit von 16 Stunden pro Monat vorgesehen. Darüber hinaus ist bestimmt, dass er weitere Stunden leisten kann und verpflichtet ist, sich aktiv um Schichten zu kümmern.

Benachteiligung wegen Teilzeittätigkeit

Mit seiner Klage hat der Kläger zusätzliche Vergütung in Höhe von 3.285,88 Euro brutto für die Zeit von Januar 2020 bis April 2021 verlangt. Er hat geltend gemacht, die unterschiedliche Stundenvergütung im Vergleich zu den hauptamtlichen Mitarbeitern stelle eine Benachteiligung wegen seiner Teilzeittätigkeit dar. Die Beklagte hält die Vergütungsdifferenz für sachlich gerechtfertigt, weil sie mit den hauptamtlichen Rettungsassistenten größere Planungssicherheit und weniger Planungsaufwand habe. Diese erhielten zudem eine höhere Stundenvergütung, weil sie sich auf Weisung zu bestimmten Diensten einfinden müssten.

BAG gibt dem Kläger Recht

Das BAG hat mit Urteil vom 18.01.2023 (5 AZR 108/22) klargestellt, dass die im Vergleich zu den hauptamtlichen Rettungsassistenten geringere Stundenvergütung den Kläger entgegen § 4 Abs. 1 TzBfG ohne sachlichen Grund benachteiligt. Die haupt- und nebenamtlichen Rettungsassistenten sind gleich qualifiziert und üben die gleiche Tätigkeit aus. Der von der Beklagten pauschal behauptete erhöhte Planungsaufwand bei der Einsatzplanung der nebenamtlichen Rettungsassistenten bildet keinen sachlichen Grund zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung.

Auch wenn man unterstellt, dass die Beklagte durch den Einsatz der hauptamtlichen Rettungsassistenten mehr Planungssicherheit hat, weil sie diesen einseitig Schichten zuweisen kann, ist sie hierbei jedoch nicht frei. Sie unterliegt vielmehr u. a. durch das Arbeitszeitgesetz vorgegebenen Grenzen in Bezug auf die Dauer der Arbeitszeit und die Einhaltung der Ruhepausen. Die nebenamtlichen Rettungsassistenten bilden insoweit ihre Einsatzreserve. Unerheblich ist, dass diese frei in der Gestaltung der Arbeitszeit sind. Die Beklagte lässt insoweit unberücksichtigt, dass diese Personengruppe weder nach Lage noch nach zeitlichem Umfang Anspruch auf Zuweisung der gewünschten Dienste hat. Dass sich ein Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers zu bestimmten Dienstzeiten einfinden muss, rechtfertigt in der gebotenen Gesamtschau keine höhere Stundenvergütung gegenüber einem Arbeitnehmer, der frei ist, Dienste anzunehmen oder abzulehnen.


BAG 18.01.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

Weitere Meldungen


Meldung

©niceideas/123rf.com

06.12.2024

Handreichung für Aufsichtsräte zum Biodiversitätsmanagement

Durch die zunehmende Bedeutung von Biodiversitätsaspekten für das unternehmerische Handeln müssen sich auch Aufsichtsräte mit diesem Thema befassen.

weiterlesen
Handreichung für Aufsichtsräte zum Biodiversitätsmanagement

Meldung

©Markus Mainka/fotolia.com

05.12.2024

Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten bei Überstundenzuschlägen

Eine Regelung, die Überstundenzuschläge nur für Vollzeit-Arbeitszeiten vorsieht, diskriminiert Teilzeitbeschäftigte und verstößt gegen das TzBfG und AGG, so das BAG.

weiterlesen
Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten bei Überstundenzuschlägen

Meldung

©Gina Sanders/fotolia.com

28.11.2024

Keine Mitbeurteilung des Betriebsrats bei Entgelterhöhung freigestellter Mitglieder

Die Anpassung der Vergütung freigestellter Betriebsratsmitglieder nach § 37 Abs. 4 BetrVG erfordert keine Beteiligung des Betriebsrats gemäß § 99 BetrVG.

weiterlesen
Keine Mitbeurteilung des Betriebsrats bei Entgelterhöhung freigestellter Mitglieder

Meldung

©CrazyCloud /fotolia.com

27.11.2024

In Zwangsarbeit hergestellte Produkte: Rat beschließt Verbot

Mit der Verordnung wird der Rahmen geschaffen, damit gegen in Zwangsarbeit hergestellte Produkte auf dem EU-Binnenmarkt rechtlich vorgegangen werden kann.

weiterlesen
In Zwangsarbeit hergestellte Produkte: Rat beschließt Verbot

Das könnte Sie ebenfalls interessieren:


Haben wir Ihr Interesse für die ZAU geweckt?

Testen Sie kostenlos zwei Ausgaben inkl. Datenbankzugang!