DB: Der Einsatz von Software gehört in Steuerkanzleien, in Steuerabteilungen und bei den Steuerpflichtigen bereits zum Alltag. Warum ist das Thema Digitalisierung dennoch so aktuell wie nie zuvor?
Christoph Röper: „Es trifft zu, dass auch in der Vergangenheit ohne Computerprogramme die Arbeit im Steuerbereich kaum effizient zu managen war. Dabei kamen meist Insellösungen zum Einsatz, die Allzweckwaffe waren vielfach Tabellenkalkulationsprogramme. Dies hat sich komplett geändert. Das Thema Digitalisierung ist heute stark Workflow getrieben, ganze Prozessketten werden standardisiert und technologieunterlegt, bis hin zu einem automatischen Ablauf der Erstellung der Steuererklärung. Es gibt neue Technologien, wie Robotic Process Automation (RPA) oder den Einsatz künstlicher Intelligenz, die in diesem Bereich heute ganz neue digitale Lösungen ermöglichen. Im Ergebnis werden immer wiederkehrende, einfache manuelle Tätigkeiten durch intelligente Computerlösungen ersetzt.“
DB: Was sind die Vorteile dieser immer stärker werdenden Vernetzung?
Christoph Röper: „Durch diese stärkere Automation wird der Prozess der Erstellung von Steuererklärungen effizienter. Für mich aber viel wichtiger: Die Qualität und Auswertbarkeit der in elektronischer Form vorliegenden Daten und Informationen aus dem Steuerdeklarationsprozess steigt. Wir können mit diesen Informationen, die wir bisher in Papierform oder in isolierten Programmen vorliegen hatten, heute zum Vorteil unserer Mandanten weiteverarbeiten und analysieren – das Stichwort hierbei ist Datenmanagement. Dabei geht es nicht nur um die Auswertung von Daten in der elektronischen Betriebsprüfung durch die Finanzverwaltung. Vielmehr hat der Steuerpflichtige selbst durch ein aktives Datenmanagement die Möglichkeit, sich einen besseren Überblick über seine steuerrelevanten Sachverhalte zu verschaffen und mögliche steuerliche Risiken bereits vor einer Betriebsprüfung sowie vor der Erstellung und Abgabe einer Steuererklärung zu eliminieren.“
DB: Und welche Risiken sehen Sie? Wie lassen sich diese minimieren oder gar vermeiden?
Christoph Röper: „Elektronisch unterlegte Prozesse müssen von den Anwendern eingehalten werden, non-complinance wird deutlich eingeschränkt bzw. ausgeschlossen. Darüber hinaus werden manuelle Fehler, z.B. beim Übertrag von Zahlen, vermieden. Das sind die direkten Auswirkungen des Einsatzes der Technik. Ergänzend zur elektronischen Unterlegung der Prozesse sollte jedoch auch ein Tax Compliance Management System installiert werden. Mit Hilfe dieses Systems lassen sich die Risiken analysieren und die Minimierung kann strukturiert umgesetzt werden. Hierbei helfen technologieunterlegte Prozesse den Unternehmen, ihr Risikokontrollumfeld für Steuern weiter zu verbessern.“
DB: Welche Bedeutung bei der Vernetzung mit der Finanzverwaltung kommt Standards und Schnittstellen für die Datenübertragung zu?
Christoph Röper: „Einheitliche Standards und Schnittstellen sind wesentliche Treiber der Digitalisierung. Die E-Bilanz war der Startschuss für die Digitalisierung im deutschen Besteuerungsverfahren. Jetzt kommt die verpflichtende digitale Lohnschnittstelle als neuer Standard hinzu. Weitere Schritte sind jedoch noch erforderlich. Wir brauchen einen einheitlichen Kommunikationsstandard mit der öffentlichen Verwaltung, der über die Kommunikation mit der Finanzverwaltung hinausgeht. Unternehmen müssen zurzeit Daten an den Bundesanzeiger, die Bundesbank oder die Finanzverwaltung übermitteln, in jeweils unterschiedlichen Formaten und Formen. Hier besteht viel Potential zur Vereinfachung und Verbesserung. Vorbilder sind hier Länder wie die Niederlande oder Australien.“
DB: Die Digitalisierung im Bereich Steuern hat mittlerweile ein enormes Tempo. Wie geht dieser Weg weiter und was ist der nächste Schritt?
Christoph Röper: „Eine sehr gute Frage, ich habe leider keine Glaskugel, aber mit Sicherheit wird das Veränderungstempo eher noch weiter zunehmen. Disruption wird uns auch in Zukunft ein ständiger Begleiter sein. Das Tempo wird wesentlich davon abhängen, wie es gelingt, die Beteiligten am Besteuerungsprozess einzubinden und sie für diese Entwicklung zu begeistern. Technologisch ist bereits heute viel mehr möglich. Für mich dürfte der nächste Schritt der Wechsel von der klassischen Veranlagung, wie wir sie bei der Ertragsteuer aktuell praktizieren, hin zur Selbstveranlagung sein. Daraus ergibt sich unter Risikogesichtspunkten ein weiterer Druck, steuerrelevante Prozesse klar zu definieren und elektronisch weitestgehend zu automatisieren.“