Weibliche und männliche Führungskräfte schätzen ihre eigenen Fähigkeiten und Leistungen heute weitgehend gleich ein, zeigt die Studie des Capgemini Research Institute „Gender und Leadership: Zwischen Vorurteilen, Chancen und Wandel“. Für die Studie wurden weltweit 2.750 Führungskräfte (Senior Manager und höher) in elf Ländern und zehn Schlüsselbranchen befragt; dies waren 1.375 Frauen, 1.372 Männer und drei nicht-binäre Führungskräfte. Die Studie kommt zum Ergebnis, dass hartnäckige Geschlechterstereotype weiterhin die Wahrnehmung von Führungskompetenzen beeinflussen, insbesondere bei technischen Fähigkeiten wie Künstlicher Intelligenz (KI), Datenanalyse und Innovationskraft. Viele männliche Befragte ordnen diese Kompetenzen eher dem männlichen Geschlecht zu. Dies könnte die Kluft zwischen den Geschlechtern vergrößern und die Karriereentwicklung beider Gruppen behindern.
Führungskompetenz kennt kein Geschlecht
Die Studie zeigt, dass über drei Viertel (77 %) der befragten Führungskräfte weltweit der Meinung sind, dass Frauen genauso effektiv führen wie Männer. In Deutschland liegt dieser Wert sogar bei 81 %, wobei 84 % der Männer und 78 % der Frauen diese Ansicht teilen. Das ist ein deutlicher Wandel gegenüber früheren Studien, in denen Frauen ihre Fähigkeiten oft unterschätzt haben. Heute nennen 58 % der Frauen weltweit Selbstvertrauen als persönliche Stärke – ein Wert, der nahezu identisch mit dem der Männer ist (59 %). Zudem sind 68 % der Führungskräfte weltweit (74 % in Deutschland) überzeugt, dass mehr Frauen in Führungspositionen die Unternehmensleistung verbessern.
Technologiekompetenzen: Stereotype gefährden Chancengleichheit
Trotz allgemeiner Trends hin zu einer inklusiven Führung zeigt die Studie bei einer Aufschlüsselung nach individuellen Fähigkeiten Geschlechterstereotypen. Bemerkenswert ist, dass die meisten Männer wichtige Führungskompetenzen der Zukunft, wie der Einsatz von KI und Automatisierung, Innovation, Agilität oder Datenanalyse, als „typisch männlich“ betrachten. Weibliche Befragte hingegen sehen dieselben Fähigkeiten als geschlechtsneutral oder im Falle von Innovation als „von Natur aus weiblich“ (36 %) – hier offenbart sich eine erhebliche Wahrnehmungslücke.
Die Diskrepanz zeigt sich besonders deutlich im Zusammenhang mit KI und Automatisierung. Fast die Hälfte der männlichen Befragten nimmt diese als männliche Fähigkeiten wahr, während ein ebenso großer Anteil der Frauen sie als geschlechtsneutral betrachtet. Dabei sind sich drei Viertel der Führungskräfte einig, dass KI-Kenntnisse für den Aufstieg in Führungspositionen entscheidend sind. Beide Gruppen geben jedoch an, relativ wenig Vertrauen in ihre technischen Fähigkeiten zu haben. Weniger als die Hälfte der weiblichen (45 %) und männlichen (47 %) Befragten betrachtet den Einsatz von KI und Automatisierung als eine ihrer Schlüsselstärken. Das geringe Selbstvertrauen in technische Kompetenzen – gepaart mit geschlechterbezogenen Zuschreibungen – könnte bestehende Vorurteile nicht nur verfestigen, sondern auch dazu führen, dass sich der sogenannte Leadership Gap weiter vergrößert.
Geschlechterstereotype behindern Karrierechancen
Sowohl Frauen als auch Männer sehen sich aufgrund von Geschlechterstereotypen mit Hindernissen konfrontiert, die ihre berufliche Entwicklung beeinträchtigen. Mehr als die Hälfte (53 %) der befragten Frauen weltweit berichten von negativen Auswirkungen auf ihr Gehalt aufgrund ihres Geschlechts. In Deutschland liegt dieser Wert bei 52 %, während 43 % der Männer angeben, durch ihr Geschlecht Vorteile bei der Bezahlung erhalten zu haben. Auch bei Beförderungen zeigt sich ein Ungleichgewicht: Nur 54 % der deutschen Führungskräfte glauben, dass Männer und Frauen die gleichen Chancen auf eine Beförderung haben.
Darüber hinaus stimmen 39 % der Befragten weltweit (40 % in Deutschland) zu, dass qualifizierte Frauen in ihren derzeitigen Unternehmen häufig für Führungspositionen übersehen werden. Auf der anderen Seite geben 38 % der Männer weltweit (40 % in Deutschland) an, dass eine schlechte Work-Life-Balance ihre Karriereentwicklung behindert. Dieser Wert zeigt, dass auch Männer unter geschlechterbezogenen Erwartungen leiden.