Der größte Unterschied, ob Beschäftige Weihnachtsgeld erhalten oder nicht, liegt in der Tarifbindung. Von den Beschäftigten mit Tarif bekommen 77 % Weihnachtsgeld – fast doppelt so viele wie in Betrieben ohne Tarifvertrag, wo lediglich 42 % der Beschäftigten eine solche Zahlung erhalten. Neben der Tarifbindung lässt sich eine Reihe weiterer Merkmale identifizieren, die die Chancen auf Weihnachtsgeld beeinflussen:
West/Ost: Nach wie vor gibt es bedeutsame Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. In Westdeutschland bekommen 55 %, in Ostdeutschland nur 43 % der Befragten Weihnachtsgeld. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Tarifbindung in Ostdeutschland deutlich niedriger ist als im Westen.
Vollzeit/Teilzeit: Unterschiede existieren auch hinsichtlich des Beschäftigtenstatus: Bei Vollzeitbeschäftigten ist der Erhalt von Weihnachtsgeld mit 54 % etwas verbreiteter als bei Teilzeitbeschäftigten, von denen 49 % eine entsprechende Sonderzahlung bekommen.
Befristet/unbefristet: Ähnlich ausgeprägt sind die Unterschiede zwischen Beschäftigten mit einem befristeten oder einem unbefristeten Arbeitsvertrag. Während lediglich 48 % der Befragten mit Befristung Weihnachtsgeld erhalten, sind es bei den Unbefristeten 54 %.
Männer/Frauen: Männer erhalten mit 55 % immer noch etwas häufiger Weihnachtsgeld als Frauen, von denen 51 % diese Sonderzahlung bekommen.
Große Unterschiede bei der Höhe des tarifvertraglichen Weihnachtsgeldes
In den meisten großen Tarifbranchen existieren gültige tarifvertragliche Bestimmungen zum Weihnachtsgeld oder einer ähnlichen Sonderzahlung, die zum Jahresende fällig wird. Dies zeigt eine aktuelle Auswertung des WSI-Tarifarchivs von 24 großen Branchen. Die Höhe der tarifvertraglich vereinbarten Sonderzahlung unterscheidet sich dabei erheblich: Bei den mittleren Entgeltgruppen reicht sie von 250 Euro in der Landwirtschaft bis zu 3.836 Euro in der Chemischen Industrie. Nur wenige Branchen haben beim Weihnachtsgeld einen Pauschalbetrag festgelegt. In den meisten Fällen wird das Weihnachtsgeld als fester Prozentsatz vom Monatsentgelt berechnet. In Branchen, in denen für 2023 höhere Tarifentgelte vereinbart wurden, hat sich auch das Weihnachtsgeld entsprechend erhöht.
Ein klassisches 13. Monatsentgelt im Sinne einer Sonderzahlung von 100 % eines Monatsentgeltes erhalten die Beschäftigten in der Chemischen Industrie, Teilen der Energiewirtschaft, in der Süßwarenindustrie, bei der Deutschen Bahn AG, im Bankgewerbe sowie in einzelnen westdeutschen Tarifregionen der Textilindustrie und dem privaten Transport- und Verkehrsgewerbe. In der Eisen- und Stahlindustrie werden sogar 110 % eines Monatsentgeltes gezahlt, wobei hier Weihnachts- und Urlaubsgeld zu einer Jahressonderzahlung zusammengelegt wurden.
Mit 95 % eines Monatsentgeltes liegt das Weihnachtsgeld in der Druckindustrie und in der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie leicht unterhalb eines vollen 13. Monatsentgeltes. Im Versicherungsgewerbe werden 80 % eines Monatsgehalts gezahlt, im Einzelhandel in den westdeutschen Tarifbereichen vorwiegend 62,5 %, in den Tarifgebieten der westdeutschen Metallindustrie überwiegend zwischen 25 und 55 % und im Hotel- und Gaststättengewerbe in Bayern 50 %.
Unter den großen Wirtschaftszweigen sind Tarifbranchen ohne Weihnachtsgeld oder eine vergleichbare Sonderzahlung die Ausnahme. Nach wie vor kein Weihnachtsgeld gibt es im Gebäudereinigungshandwerk. Als teilweiser Ausgleich für das fehlende Weihnachtsgeld wurde im Gebäudereinigungshandwerk für die Jahre 2021 bis 2023 erstmals ein so genannter „Weihnachtsbonus“ vereinbart. Hierbei können die Beschäftigten zwischen einem Zuschlag von 150 % auf den Stundenlohn für ihre am 24.12. oder am 31.12. geleistete Arbeit oder einer bezahlten Freistellung am 24.12. oder am 31.12. wählen.
Zum Hintergrund
Dies sind die Ergebnisse einer neuen Auswertung des Internetportals Lohnspiegel.de, das vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung betreut wird. Sie beruht auf einer Online-Befragung, an der sich zwischen Anfang November 2022 und Ende Oktober 2023 mehr als 40.000 Beschäftigte beteiligt haben. Wichtig zu wissen: In der Online-Umfrage von Lohnspiegel.de werden die Beschäftigten explizit danach gefragt, ob sie Weihnachtsgeld erhalten. Das Statistische Bundesamt berücksichtigt hingegen in einer eigenen Auswertung alle Jahressonderzahlungen mit Auszahlung im November beziehungsweise Dezember und kommt regelmäßig zu dem Ergebnis, dass ein noch höherer Anteil der Tarifbeschäftigten hiervon profitiert.